Rückblick auf 1 Monat Academia.edu


Vor gut einem Monat habe ich mich bei Academia.edu angemeldet und wollte nun über eine Erfahrung mit diesem Social Network für Wissenschaftler berichten. Zunächst die schlechte Nachricht: keines meiner hochgeladenen Paper ist über Google indiziert worden, auch in Google Scholar können sie nicht über die Suchmaske gefunden werden. Lediglich wenn man innerhalb von Academia.edu ein Stichwort eingibt gelangt man zu den Papern. Ebenfalls unmöglich ist es, von außerhalb das PDF herunterzuladen, will man an den Content gelangen muss man selbst ein Konto bei Academia.edu haben und dort dann auf “get pdf” klicken.

Die gute Nachricht ist, dass in diesem einen Monat meine PDFs dennoch häufiger heruntergeladen wurden als früher, als ich die Paper einfach in mein wordpress-Blog online gestellt habe. Im eigenen Blog war die Abrufrate exakt 0. Jetzt bei Academia.edu haben zumindest 5 Leute das Paper schonmal angeschaut, wovon 2 sogar das vollständige PDF heruntergeladen haben. Für wissenschaftliche Dokumente ist das eine extrem hohe Abrufzahl.

Und es gibt noch eine gute Nachricht. Zumindest einen Follower habe ich jetzt. Offenbar hat das allein ausgereicht, damit jetzt nebem meinem Profil als Einblendung erscheint, dass ich zu den Top5% von Academia.edu gehören würde. Das kann jedoch nur ein Witz sein, angesichts von mageren 3 Papern die derzeit dort unter meinem Account liegen. Man muss also davon ausgehen, dass von den offiziellen 46 Millionen Usern die Academia.edu hat, lediglich 5% echte User sind was 2 Millionen wären. Immernoch ein stattlicher Wert.

Nach wie vor glaube ich, dass Academia.edu die derzeit beste Plattform für wissenschaftliches Publishing darstellt. Anders als Elsevier und Springer ist der Service kostenlos und anders als bei ResearchGate sind auch Geisteswissenschaftler willkommen und anders als bei Arxiv.org benötigt man keine Einladung von einem Universitätsangehörigen sondern kann ganznormal wie bei Facebook auch seinen Account einrichten und fertig. Derzeit ist Academia.edu noch weit davon entfernt unentbehrlich zu sein oder gar ein Must-have zu sein. viele dürften es nochnichtmal kennen und es gibt in der verwendeten Software noch einige technische Probleme. So wird manchmal in meinem Profil angezeigt, dass dort 8 Follower wären, obwohl es nur 1 Follower ist. Das ganze macht den Eindruck als ob es Ghost-Follower sind, die mal da sind oder mal nicht. Vermutlich sind es einfach nur Spam-Follower die Marketing-Informationen absaugen wollen. Aber egal. Bekanntlich ist das ja nichts ungewöhnliches im Facebook Zeitalter.

Leider gibt es noch einen größeren Kritikpunkt. Und zwar gibt es bei Academia.edu keine echte Community. Man findet dort zwar viele Wissenschaftler mit Profil und ihren Papern, aber mehr als auf den Followbutton kann man da nicht klicken. Und selbst dann ändert sich gar nichts. Der einzige Unterschied ist nur, dass man in der Newsliste dann sieht, wenn neue Paper hochgeladen werden. Wäre die interne Suchfunktion nicht so grottenschlecht, könnte man das auch so herausfinden. Insofern muss man ketzerisch anmerken, dass Academia.edu eigentlich nur ein slideshare.net in einem neuen Gewand ist. Anstatt PPT Dateien kann man dort PDF Dateien hochladen. Anderseits gab es sowas davor noch nicht. Wer sich ein wenig mit wissenschaftlichen Publizieren auskennt, wird wissen dass es viele Jahre nur Arxiv.org gab und sonst gar nicht. Und Arxiv ist einfach nur die absolute Katastrophe. Selbst für Informatiker die LaTeX mit der Muttermilch aufgesogen haben, ist die Anleitung wie man dort ein PDF hochlädt unzumutbar.

Das ist schon eine gewisse Ironie, dass es von 1993 (tim Berners Lee erfindet das WWW) bis 2008 (Academia.edu geht an den Start) gedauert hat, bis es eine Infrastruktur gibt, wo man wissenschaftliche Paper hochladen kann, die jeder lesen kann. Ich glaube das Problem war jahrelang, dass das Internet nur scheinbar einen wissenschaftlichen Background hatte. Zum Gründungsmythos gehört, dass tim-Berners Lee den wissenschaftlichen Austausch voranbringen wollte. Nur, vor Academia.edu gab es keine Webseite wo wissenschaftler ihre Paper hochladen konnten. Und ebenfalls zum Mythos gehört, das Mark Zuckerberg die Stundenten von Harvard vernetzen wollte. Eigentlich ist auch Facebook keine wissenschaftliche Community.

2 thoughts on “Rückblick auf 1 Monat Academia.edu

  1. Hallo Manuel Rodrigues, ich bin schon seit längerem bei academia.edu. Was Sie da schreiben, stimmt absolut! Andererseits bin ich sehr zufrieden, eine Ablage für meine privat rechechierten Aufsätze zu haben. Was mich im Moment bei academia.edu nervt, sie wollen jetzt UNBEDINGT, dass ich zahle für “weitere Infos” über meine Leser! Wie eine solche Infos aussieht, da haben sie mir ein Müsterchen geschickt: Da kommt plötzlich “Elternclub” und ich schreibe weder für Kinder noch gebe ich Erziehungshilfen für Eltern. – komisch!

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    • Ich habe mir gleich mal deinen Academia.edu Account näher angeschaut. Inhaltlich kann ich mit den Papern jetzt zwar nicht soviel anfangen, aber bitte auf keinen Fall löschen. Wenn ich irgendwann mal eine Suchanfrage an Google stelle und eines von den Papern poppt hoch wäre das sicherlich ganz nett. Soweit ich sehen kann, sind die Paper alle im Volltext verfügbar, was schonmal ein gutes Zeichen ist.

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